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Künstliche Intelligenz und Datenschutz-Vorsicht am Gleis|
Die DSGVO ist nicht ausreichend
17.08.2023
Personenbezogene Daten werden heute annährend durch jedes Unternehmen gespeichert und verarbeitet. Besonders sensibel sind personenbezogene Daten, die Kreditinstitute über ihre Kunden speichern. Hier geht es nicht nur um Vermögensverhältnisse, wie Einkommen, Verbindlichkeiten, Immobilienvermögen und andere Assets, sondern es geht auch um Bewegungsmuster, Aufenthalt in Hotels, Restaurants, Einkaufsgewohnheiten, Hobbies, Vorlieben im Urlaub etc. Diese Daten sind besonders schutzwürdig. Das ist bis hierhin ein alter Hut; der Schutz dieser Daten funktioniert. ...
... Der Begriff “Künstliche Intelligenz” beschäftigt gegenwärtig die Medien, ohne dass eine einheitliche Vorstellung von der Tragweite dieses Begriffes besteht. Eine gesetzliche Definition fehlt. Die nachfolgende Definition zeigt die neue Entwicklungsstufe der Informatik, die nach Reglementierung im Umgang mit Künstlicher Intelligenz verlangt:
“Künstliche Intelligenz (KI), auch artifizielle Intelligenz (AI), englisch artificial intelligence, ist ein Teilgebiet der Informatik, es umfasst alle Anstrengungen, deren Ziel es ist, Maschinen intelligent zu machen. Dabei wird Intelligenz verstanden als die Eigenschaft, die ein Wesen befähigt, angemessen und vorausschauend in seiner Umgebung zu agieren; dazu gehört die Fähigkeit, Sinneseindrücke wahrzunehmen und darauf zu reagieren, Informationen aufzunehmen, zu verarbeiten und als Wissen zu speichern, Sprache zu verstehen und zu erzeugen, Probleme zu lösen und Ziele zu erreichen.”
Wikipedia, Die freie Enzyklopädie “Künstliche Intelligenz”
IBM setzt sich mit der Genese einer Definition von künstlicher Intelligenz auseinander, die an dieser Stelle lediglich auszugsweise wiedergegeben wird:
“Menschlicher Ansatz:
- Systeme, die wie Menschen denken
- Systeme, die wie Menschen handeln.”
Was ist Künstliche Intelligenz (KI)? | IBM
Hier sollen sogar Elemente wie Gefühle und Emotionen berücksichtigt werden (?). Im Ergebnis geht es um Fähigkeit von Maschinen, sich ohne menschliches Zutun fortzuentwickeln. Der Rahmen wird vom Entwickler, seinen lauteren oder auch unlauteren Zielen und auch seinen Fähigkeiten und Begabungen vorgegeben. Eine Gewähr, in welche Richtungen sich Künstliche Intelligenz entwickelt, gibt es erst einmal nicht. Häufig wird in Veröffentlichungen ausgeführt, dass der Schutz personenbezogener Daten durch die DSGVO, die seit dem 25.05.2018 in der Europäischen Union gilt, auch im Rahmen einer Datenverarbeitung mittels Künstlicher Intelligenz gewährleistet werden würde.
Dieser Ansatz kann nicht beruhigen und erst recht nicht überzeugen, auch dann nicht, wenn auf die bereits kodifizierte, strenge Zweckbindung der Datenverarbeitung durch die DSGVO hingewiesen wird. Die DSGVO genügt weder dem Schutzbedürfnis des Betroffenen, d.h. der betroffenen natürlichen Person, noch des Unternehmens, das personenbezogene Daten mittels Künstlicher Intelligence, sei es bewusst oder vielleicht auch unbewusst, verarbeitet. Denkbar ist auch, dass sich das Unternehmen mit Künstlicher Intelligenz ein trojanisches Pferd einkauft, das sich gegen das Unternehmen richtet.
Es mangelt an einem Regelwerk, das gewährleistet, dass sich die Hard- und Software nicht verselbstständigt und sich erst hieraus eine rechtswidrige Datenverarbeitung ergibt, bzw. ergeben kann. Eine zweckwidrige Datenverarbeitung durch Künstliche Intelligenz mag nicht mehr DSGVO-konform erfolgt sein, doch das Kind ist bereits in den Brunnen gefallen. Der Ansatz zur Vermeidung von Risiken muss vorverlagert werden und an den Funktionen der Software selbst festmachen. Eine vorverlagerte Maßnahme könnte eine Zertifizierung sein, die nur erteilt wird, wenn der Künstlichen Intelligenz unverrückbare Grenzen gesetzt sind.
Bis es zu derartigen Zertifizierungsroutinen kommt, muss der Mensch noch viel lernen. Die Fachabteilungen von Unternehmen und selbstverständlich auch von Kreditinstituten sind aufgefordert, entsprechende Überwachungs- und Prüfroutinen einzuführen und unternehmensinterne Regelwerke/ Compliancebestimmungen auf ein ausreichendes Schutzniveau zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Einsatz einer selbstlernenden Software bekannt ist. Der aktuelle Entwicklungsstand der Künstlichen Intelligenz zeigt, dass nicht mehr zugewartet werden kann und dringender Handlungsbedarf besteht.
München, den 17.08.2023
RA Jens Christoph Hammersen
05.07.2023 Bundesbank Symposium
Bankenaufsicht im Dialog
05.07.2023